Dušan Savić (Serbien/Österreich) wurde in Banja Luka geboren. Er hat mehrere Bücher veröffentlicht. Seine Poesie und Prosa sind in mehreren literarischen Zeitschriften und Anthologien auf Deutsch, Serbisch, Polnisch und Tschechisch erschienen. Der Autor ist auch als Übersetzer tätig. Der Autor ist Mitglied der Serbischen Gesellschaft der Schriftsteller Vojvodina, des Vereins der Schriftsteller der Republika Srpska und des österreichischen PEN-Clubs. Er lebt und schafft in Wien und Sombor.

 

 

 Deutsch

 

 

 

SCHUHE

 

 

 

Ich habe eine Schwäche für Schuhe. Mein Schuhschrank zuhause quillt über. Als wäre ich eine Frau, ich setze sie dem heiligen Gral gleich. Jedes Mal, wenn ich es mit der Schuhmenge übertreibe, mache ich einen Spaziergang in der Stadt. Ich gehe mitten auf der Straße. Ich beobachte die Menschen im Vorbeigehen. Auch sie beobachten mich, das spüre ich. Nach kurzer Zeit obsiegt die Scham, und ich treffe eine unwiderrufliche Entscheidung. Von dem Tag an verschenke ich sie selbstlos. Dort, wo sie wirklich gebraucht werden. Zuerst verschenke ich die neuesten, noch ungetragenen. Es fällt mir nämlich leichter, mich zu trennen, wenn ich mich noch nicht an sie gewöhnt habe. Danach setzt die große Erleichterung ein. Ich habe mehr als genug. Manchmal kaufen wir uns mit Geld alles, außer Glück, wie die Freude, die mich erfüllt, wenn ich Schuhe verschenke.

 

 

An diesem Nachmittag gehe ich mit meiner Frau auf der Hauptstraße spazieren. Eine magische Kraft zwingt mich vor einer Auslage voll mit Schuhen, wie angewurzelt stehenzubleiben. Ich kann den Blick nicht abwenden. Sie, die Allerschönsten bisher, strahlen an ihrem zentralen Platz in der Auslage. Als würden sie mir zuwinken und mich auffordern, hineinzutreten. Ich ziere mich ein bisschen, der guten Ordnung halber. Wie ein verliebtes Mädchen beim ersten Date. Meine Frau hat alles längst begriffen und lenkt mich langsam zur Ladentür. Die Verkäuferin ist überaus freundlich. Ich probiere die Schuhe an. Sie sind perfekt. Gekauft! Sie sind so bequem, dass ich sie gar nicht ausziehen möchte. Stattdessen werden meine alten in den Karton gepackt. Meine Frau nutzt die Gelegenheit, um Sandalen zu kaufen, obwohl bald Winter ist. Ich sage nichts. Kann man immer gebrauchen. Wir teilen dieselbe Leidenschaft.

 

 

Jeder mit seiner Einkaufstasche in der Hand, treten wir auf die Straße hinaus. Auf dem halben Weg nach Hause habe ich plötzlich das Gefühl, als ob ich ein kürzeres Bein hätte. Ich blicke hinunter. Mit Entsetzen stelle ich fest, dass der linke Schuh fehlt. Ich muss ihn in der Hektik und Aufregung irrtümlich neben dem Tresen ausgezogen und dort vergessen haben, als ich mir die Schuhbänder gebunden hatte. Schnellen Schrittes gehen wir zurück in den Laden.

 

„Nein, nein, Sie hatten beide Schuhe an, als Sie weggingen“, meint die Verkäuferin und sieht mich besorgt an.

 

Völlig durch den Wind, reiße ich den Schuhkarton auf und blicke hinein. Leer! Die alten Schuhe sind auch weg. Wie von Geisterhand. Ich bin bereit, ein weiteres Paar zu kaufen. Ich kann doch nicht barfuß auf der Straße laufen.

 

„Es tut mir so leid, aber das war das letzte Paar.“

 

Meine Frau redet auf mich ein, ich solle mir ein anderes Paar aussuchen. Rund um mich liegen unzählige wunderschöne Modelle. Aber ich bin stur wie ein Bock. Entweder die, oder gar keine! Den rechten Schuh nehme ich ab und stecke ihn in den leeren Karton. Mit einem Schuh sieht das völlig bekloppt aus. Ich verlasse das Schuhgeschäft in Socken. Die Augenlider halte ich halbgeschlossen, um den verwunderten Blicken auszuweichen.

 

Durch das helle Bellen des Hundes beginnen die Augenlider zu zucken. Mein Hund Lole steht vor meinem Bett und wedelt fröhlich mit dem Schwanz. Die Leine hält er schon im Maul bereit. Offenbar ist es Zeit für den morgendlichen Spaziergang. Ich spüre, wie mich etwas unter der Lende drückt. Ich hole meinen linken Schuh hervor. Der rechte liegt am Boden neben dem Bett. Ich stehe auf.

 

Da schau her, na sowas, gestern Abend habe ich vergessen, die Socken auszuziehen.

 

 Übersetzt  von Grozdana Bulov. Lektorat: Jelena Gazarek.

 

 

Diese Kurzgeschichte wurde im Band „Glavnom ulicom“ („Auf der Hauptstraße“) 2019 in Sombor, Serbien, veröffentlicht. Dies ist die erste, nie zuvor veröffentlichte Übersetzung ins Deutsche

 

 

 

 

 

Serbisch

 

 

 

CIPELE

 

 

 

 

   Osetljiv sam na cipele. Kućni ormarić mi je pretrpan. Kao da sam žena, poistovećujem ih sa svetim gralom. Kad preteram s količinom odlučim da prošetam gradom. Sredinom ulice. Posmatram ljude u prolazu. Osećam, posmatraju i oni mene. Ubrzo pobedi sram i odluka je neopoziva. Od tog dana nesebično ih delim. Tamo gde treba. Prvo poklanjam one najnovije, još neprošetane. Lakše mi je dok se ne saživim s njima. Tada nastupa veliko olakšanje. Imam više nego što mi je potrebno. Novcem kupujemo sve. Osim sreće, ponekad. Kao radost u trenutku dok poklanjam cipele.

 

   Tog poslepodneva sa ženom šetam glavnom ulicom. Magična sila zaustavlja me pred izlogom punim obuće. Ne odvajam pogled. One, dosad najlepše, šepure se na centralnom mestu. Kao da mi mašu i vabe da uđem u prodavnicu. Nećkam se, onako prividno. Kao devojka na prvom sastanku. Žena već zna i lagano me usmerava prema ulazu. Prodavačica je više nego uslužna. Probam cipele. Savršene su. Kupljeno! Toliko su udobne da ne želim da ih skidam. Stare mi pakuju u kutiju. Žena koristi priliku i kupuje sandale iako je na pragu zima. Ćutim. Neka se nađe. Strast nam je istovetna.

 

   Ponovo smo na ulici, svako sa svojom vrećicom. Na pola puta do kuće osećam kao da mi je jedna noga kraća. Pogledam nadole užasnut. Nema leve cipele. Sigurno sam je, u onoj brzini i nadahnuću, slučajno izuo pored pulta dok sam vezao pertle. Vraćamo se ubrzanim korakom.

 

-          Ne, gospodine, izašli ste sa obe na nogama   tvrdi  prodavačica i  gleda  me

 

zabrinuto.

 

 

 

   Unezveren otvaram kutiju i zavirujem. Prazna! Nema ni starih cipela. Kao da su isparile. Spreman sam da kupim još jedan par. Ne mogu ulicom bos.

 

-          Žao mi je, gospodine, bio je to jedini par.

 

   Žena me nagovara da kupim neke druge. Oko mene bezbroj divnih modela. Ali...Tvrdoglav sam, ili te ili ništa! Desnu cipelu stavljam u kutiju. S jednom cipelom izgleda suludo. Prodavnicu napuštam samo u čarapama. Ljudi će svakako misliti da sam otkačen. Oči spuštam na pola koplja da izbegnem začuđene poglede.

 

   Očni kapci poskočiše na reski lavež psa. Moj pas, Lole, stoji pokraj kreveta. Veselo maše repom. U zubima drži povodac. Vreme je za juratnju šetnju. Osećam kako me nešto žulja ispod slabina. Vadim levu cipelu. Desna je pokraj kreveta. Ustajem.   

 

   Gle čuda, sinoć sam zaboravio da skinem čarape.