Lorena Pircher (Italien/ Österreich) wurde in Schlanders, Italien, geboren. Nach dem Besuch des Humanistischen Gymnasiums in Meran studierte sie Anglistik, Französisch und Vergleichende Literaturwissenschaften in Wien. In dieser Zeit verbrachte sie ein Semester in Frankreich und entdeckte ihr großes Interesse an Kunstgeschichte. 2018 erschien ihr erster Gedichtband „Irrende Welten“ (Provinz Verlag). Seither mehrere Veröffentlichungen in verschiedenen Literaturzeitschriften und Anthologien. Derzeit arbeitet sie an ihrem zweiten Lyrikband

Deutsch

 

DAS FLOß

 

 

Ich sehe weiche Kurven

die sich wie Berge

in den Fluss meiner Erinnerung schälen

mir ist die Erinnerung

an Holzgeruch

und der zerfetzenden Hitze

auf gespaltenen Schultern

aus denen

die Hoffnung

wie tiefroter Honig sickert

aus denen Ungewissheit sprüht

wie das schwankende Wellenmeer

auf meinem Gesicht

einem gläsernen Gesicht

das ich in zerrinnenden Händen halte

wie die Träume

die mir zwischen den Rippen

Mosaike auf den Boden malen

 

 

Wenn Salzwasser meine Lungen zerstückelt

und rauer Steinregen

die Flügel des Porzellanvogels meiner Gedanken

zersprengt

mein Körper

der sich um die eigene gestachelte Verzweiflung windet

Körper

von denen sich so wenige

in mein kleines Sein genäht haben

auf dem Ozean Treibende

deren Leben so oft schon

auf den leisen Schichten der Meere verkrustet sind

 

Bis ihre Mundwinkel

nicht mehr mit indigofarbenen Fischerhaken

auseinandergezogen werden

ihr Lächeln nicht mehr

an Marionettenfäden gefädelt wird

 

Uns allen wärmt dieselbe Sonne den Rücken

denn wir alle zerreiben

dieselbe grünliche Erde zwischen unseren Fingern

denn wir alle sind

verzweifelt am Leben Klebende

denn wir alle sind

auf Atem Hoffende