Ashwani Kumar (Indien) ist Schriftsteller und Professor am Tata Institute of Social Sciences (Mumbai). Zu seinen wichtigsten Anthologiengehören Die imaginäre Schreibmaschine meines Großvaters und Banaras and the Other. Er ist einer der Chefredakteure der Global Civil Society an der London School of Economics und Mitbegründer des „Indian Novels Collective“, das die Übersetzung von Romanen in indischer Sprache fördert. Er schreibt eine regelmäßige Buchkolumne für den Financial Express.
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IMMIGRANTEN
Narzissen in Händen
Wandern wir durch Stacheldraht.
Die Mondsichel unserer Heimat
Nimmt zu in verwitweten Himmeln.
Straßen erleuchtet mit alten Pässen
Und Kamelhändler spielen Karten in öffentlichen Waschräumen.
Jahre vergehen-
Unsere altenWälder, Flüsse und Jahreszeiten werden
Brautwäsche von Liebhabern in den neuenStädten
Und langsam werden wir heimisch zwischen Regierungen und Göttern.
FLAMINGOS IM FRÜHSOMMER
Niemand dachte
Dass in den schrecklichenTagen der Einsamkeit
Herden arbeitsloser Migranten mit Lehmziegelmasken
Plötzlich ankommen würden
in der verlassenen Stadt.
Mit ihnen die armenischen Flamingos
Auch herabgestiegen; Schar um Schar
Im madigen Schatten des Frühsommers.
Von ihren verschwitzten rosa Flügeln,
Fielen trockene Senfblätter
In die frischgemachten Unterkünfte.
Leeren Mägen in Aufregung versetzt,
Füllten sie langsam den Himmel
Mit ihren hungrigen, nasalen Schreien nach Nahrung und Wasser.
Wütend über den Geruch von ansteckendem Blut
Wandten sich wohlhabende Stadtbewohner gegen ihresgleichen -
Mit seltsam versteinerten Stimmen sprechen sie
In Momenten ihres Überlebens.
Übersetzt ins Deutsch von Sarita Jenamani & Helga Neumayer
IMMIGRANTS
Daffodils in hands
We wander in and out of barbed fences.
The crescent moon from our homeland
Waxes full in the widowed skies.
Streets are lit up with old passports
And camel traders are playing cards in public washrooms.
Years pass-
Our ancient forests, rivers and seasons become
Bridal lingerie of lovers in the new cities
And we slowly settle between Governments and Gods.
FLAMINGOS IN EARLY SUMMER
Nobody thought
In the terrible days of solitude,
Herds of jobless migrants with clay brick masks would
Suddenly arrive in the deserted city.
With them, the Armenian flamingos
Also descended; flock after flock
In the maggoty shadows of early summer.
From their sweaty pink wings,
Dry mustard leaves kept falling
In the freshly made shelter homes.
Flapping their empty stomachs,
Slowly, they filled the sky
With their hungry nasal cries for food and water.
Infuriated with the smell of infectious blood
Affluent city dwellers turned against themselves-
Speaking with strange voices of stones
In their moments of self-survival.