Mark Allen Klenk (USA/Österreich) geb. in den Vereinigten Staaten, lebt seit 1998 in Österreich. Schreibt Prosa, Lyrik auf Englisch und auf Deutsch.
Zusätzlich zu seinen Mitgliedschaften bei PEN Club Austria, Institut für Jugendliteratur und IG Kultur Wien ist er als Schriftsteller, literarischer Übersetzer und Grafiker
tätig.
Deutsch
JANUSZ KORCZAK - DAMIT WIR NICHT VERGESSEN
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Damit wir nicht vergessen
und sich die Geschichte wiederholt,
möchte ich meine Sünde der Feigheit gestehen.
Mit zitternden Händen
schreibe ich von jenem Tag,
an dem ich Janusz kennenlernte.
Meine schweren Stiefel hallten wider,
als wir über die Kopfsteinpflaster marschierten.
190 Waisenkinder von Dom Sierot
gingen in Zweiergruppen,
Hand in Hand.
Jeder trug sein Lieblingsspielzeug
durch die Straßen des Warschauer Ghettos,
während sie mir folgten.
In der Ferne
konnte ich einen Kollegen hören,
der im Flüsterton sprach:
- Janusz, Janusz, wir können dich befreien!
Mit einem Lächeln lehnte er ab:
- Ich werde nicht zulassen,
dass meine Kinder Angst haben.
Sie sollten heute nicht alleine sein.
Ganz anders als er
- von dem Fundament meiner Seele
bis hin zur Hülle meines Seins
- bin ich ein Feigling!
Ein Feigling, der 190 Kinder
zu den Gaskammern bringt,
um meine eigene Haut zu retten.
Trotz meiner stolzen Uniform
war meine Schande zu sehen,
während ich Janusz und seine Waisenkinder,
alle in ihren besten Kleidern
und einem mutigen Lächeln im Gesicht,
zu dem Zug brachte,
der sie zum Vernichtungslager Treblinka
bringen würde.
Ich sprach kein Wort
und konnte meinen Kopf nicht heben,
um sie ein letztes Mal anzusehen,
al sie auf den Zug getrieben wurden,
wie Rinder zur Schlachtung.
An ihrem letzten Tag auf der Erde
war Janusz wieder der stärkere Mann,
der tröstende Worte zu den Waisenkindern sprach,
während seine Augen vor Liebe strahlten.
In meinen Alpträumen
höre ich immer noch das quietschende Geräusch
des abfahrenden Zuges,
der sie an Bord mitführte.
Die Kinder sangen noch
ein letztes Lied
und ihre unschuldigen Gelächter
verfolgen mich.
Mit zitternden Händen
schreibe ich diesen Brief,
um Zeugnis von Janusz
und seinen Waisenkindern abzulegen.
Meine angstbeladenen Hände
halten meine Pistole
und versiegeln diesen Brief
mit meinem Blut,
damit wir nicht vergessen.
Übersetzt vom Lyriker
English
JANUSZ KORCZAK - LEST WE FORGET
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Lest we forget
and history repeats itself,
I want to confess
my sin of cowardliness.
With trembling hands
I write of the day
I met Janusz.
My heavy boots echoed
as we marched over the cobblestones.
190 orphans of Dom Sierot
walked two by two
hand in hand
each carrying their favorite toy
through the Warsaw Ghetto streets
as they followed me.
In the distance
I could hear a colleage
speak in a whisper:
- Janusz, Janusz, we can set you free!
With a smile, he denied:
- I will not allow my children to fear.
Nor shall they be alone this day.
So unlike him,
from the foundation of my soul
to the shell of my being,
I am a coward!
A coward bringing 190 children
to the gas chambers
to save my own skin.
Despite my proud uniform,
my shame was on display
as I brought Janusz and his orphans,
all dressed in their best clothes
and smiles of courage,
to the train
that would shuttle them to
the Treblinka death camp.
I spoke not a word
and could not raise my head
to see them one last time
as they were driven
onto the train
like cattle for the slaughter.
On their last day on Earth
Janusz again was the stronger man,
speaking comfort to the orphans
as his eyes radiated with love.
In my nightmares
I still hear the squeeking sound
of the departing train
carrying them on boar
The children are singing
one last song
and their innocent laughter haunts me.
With shaking hands
I write this letter
to tell witness of Janusz
and his orphans.
My fear-laden hands
hold my pistol
sealing this letter with my blood,
lest we forget.