Hanna Wehbeh (Syrien/Österreich) ist ein arabischer Dichter und Mitglied des Pen-Clubs Österreich mit einem Diplom in Rechtswissenschaft von der Damaskus Universität. Seine Erfahrung umfasst zwei und halb Jahre lange Arbeit im Kanadischen Konsulat in Damaskus, sowie einer drei und halb jährigen Praxiserfahrung im Jus-Bereich. Seine Weiterbildung bezieht sich mehreren Sprachen, Teilnahmen an Seminaren und Lesungen, sowie Vorträge an Dichterlesungen und Vortragsabenden. 2013 flüchtete er von Syrien nach Österreich, integrierte sich in die Gesellschaft und betätigte sich als Integrationsreferent beim Magistrat Wien und ist als Vollzeit-Rechtsberater für Geflüchtete Menschen in Österreich zuständig. 2016 publizierte er seine ersten übersetzten Werke und agiert als Mitbegründer der Plattform „Literatur Grenzenlos“ für SchriftstellerInnen mit Migrationshintergrund.

 

English

 

 

Ein Mädchen

 

 

Es war einmal ein Weizenkorn, das bei der Aussaat an der Handfläche des Bauern haften blieb. Sicher hatte es der Bauer auserkoren, bei ihm zu bleiben, dachte sich das Weizenkorn.

 

Es fiel nicht in die Ackerfurche, sondern wanderte in die Tasche der Stoffweste, die der Bauer bei der Ackerarbeit trug. Eine Nachahmung jener Ledergilets, die Cowboys in amerikanischen Westernfilmen trugen. Nur einmal hatte er solch einen Film gesehen, als er sich gemeinsam mit anderen Dorfbewohnern vor dem einzigen Fernsehgerät des Dorfes eingefunden hatte, das am Dorfplatz vor dem Haus des Bürgermeisters aufgestellt worden war.

 

Das Weizenkorn war mit seinem Schicksal sehr zufrieden, genoss es doch nunmehr eine Sonderstellung. Es begleitete den Bauern zu seinen allabendlichen Treffen der Männer, lauschte ihren Gesprächen und Witzen. An manchen Tagen ließ der Bauer seine Weste auch zu Hause. Dann hing sie an einem einfachen Nagel an der Wand. In diesen Stunden erfuhr das Weizenkorn nun auch manches Geheimnis, das die Bäuerin mit ihren Freundinnen teilte und das nicht für die Ohren ihres Mannes bestimmt war.

 

So nahm das Weizenkorn am Leben der Bauernleute teil.

 

Bald hatte es sich in der Westentasche ein gemütliches Zuhause eingerichtet. Es sammelte Staubkörner, die sich von den schwieligen Händen des Bauern gelöst hatten. In den Furchen, die sich durch Jahrzehnte rechtschaffener Arbeit in die Handflächen eingegraben hatten, vermischte sich fruchtbare Erde mit dem Schweiß tagtäglicher Mühsal.

 

Das Weizenkorn stillte seinen Durst mit frischen Tautropfen und seinen Hunger mit dunkler feuchter Erde, war dem Herzen des Bauern stets nahe, genoss Feste, Musik, die Gesprächsfetzen der Männer und das Lachen der Frauen. Bald hatte es auch alle Geheimnisse des Dorfes erfahren.

 

So wuchs das Weizenkorn heran, ein Mädchen, behütet und verwöhnt von den Bauersleuten, bevorzugt behandelt, im Vergleich zu allen anderen Weizenkörnern am Feld.

 

Eines Morgens griff der Bauer in seine Westentasche und spürte eine sanfte ungewohnte Liebkosung. Zärtlich lächelnd betrachtete er das Weizenkorn. Ein ungewohntes Strahlen überzog sein Gesicht: Wie lange hatte er auf diesen Augenblick gewartet, wie sehr hatte er sich ein Kind gewünscht. Doch das Schicksal hatte ihm diesen Wunsch nicht erfüllt. Seit nunmehr 40 Jahren teilte er das Leben mit seiner Frau, der Dorfschönheit, die ihn zum Ehemann gewählt und ihn glücklich gemacht hatte. Wäre da nicht der Kinderwunsch. Ein leichtes wäre es ihm gewesen, eine zweite Ehefrau zu nehmen, der Tradition des Dorfes entsprechend. Dies hätte er seiner geliebten Ehefrau jedoch niemals zugemutet. Umso größer war jetzt seine Freude über dieses Geschenk.

 

Voller Freude eilte der Bauer nach Hause, hob das Weizenkorn zärtlich aus der zerschlissenen Westentasche und hielt es von Freude erfüllt wie ein Kind in die Höhe. Immer wieder betrachtete er es voller Hingabe. Er trug es in die Küche, ohne sich darum zu kümmern, was wohl seine Frau dazu sagen würde, wenn er in ihr Allerheiligstes vordrang, dessen Betreten sie ihm schon vor Jahren verboten hatte.

 

In der Küche stand jener neue Tontopf, den seine Frau erst vor kurzem gekauft hatte und den sie in der Küche gebrauchen wollte. Doch auch das kümmerte ihn nicht.

 

Versunken lächelnd bettete er das Weizenkorn auf ein samtenes Kissen aus feuchter Erde. Dass der Tontopf bei ihm und seiner Frau im Haus stehen würde, verstand sich von selbst. Zu gut wusste der Bauer um die Gefahren von Wind und Wetter, die im Freien auf das Weizenkorn lauern würden und zu sehr war ihm das Korn, als geliebtes Kind, bereits ans Herz gewachsen. Ein Kind, ein Mädchen, das ihn und seine Frau in ihrem Leben begleitet hatte, das alle Geheimnisse und Geschichten des Dorfes kannte, das sich an seinem Schweiß gelabt hatte.

 

 

Fortan wurde im Dorf immerfort erzählt, wie ein Weizenkorn in jener Zeit zu einer blühenden Rose herangewachsen ist.

 

 

Übersetzt aus dem Arabischen von Magda Assem

 

 

 

 

Arabisch

 

 

 

طفلة“

 

 

 

هناك حبة قمح لم تسقط من كف ذلك الزارع

 

اختارها قصداً ولم يرمها في الحقل

 

هكذا ظنت القمحة

 

بقيت في جيب الفيست القماشي

 

والذي هو نسخة مغشوشة من لباس راعي البقر الاميركي الذي شاهده مرة على التلفاز الوحيد المنصوب في ساحة القرية امام بيت المختار. احبت القمحة اختيارها وشعرت بتفردها واصبحت تستمتع بالترحال وسهرات الرجال وكانت تستلذ بأحاديث النساء والاسرار التي تناقلتها زوجة الفلاح في غفلة عن اذنه.

 

كانت القمحة تجمع تربتها، من حفنات التراب المتساقطة من يد الزارع العتيد فيديه كانت محفورة بأخاديد التاريخ والتقاليد وتمتلئ بغبار العمل الشريف، ما كان ينعشها ويروي ظمأها إلا ؛ ندى الحقول والازهار المتقطر من يديه المخلوط مع عرق جبينه الاصيل فما لبثت تلك القمحة تنمو بحنو الطفل المدلل المترفع عن باقي الزميلات في الحقول، فهي قريبة من كبد شيخ فلاحي القرية، وترابها هوة حفنات منتقاة من فتات يديه وتسقى غالباً من اعذب قطرات الصباح، واذنها تعودت سماع زجل واغاني سهرات هذه القرية، وقد استجمعت جميع اسرار القرية.

 

هكذا نمت تلك الطفلة المدللة حتى شعر بها ذلك الراعي العتيد تغازل يديه ذات صباح. فنظر اليها بابتسام لم يعهده.  فهو للأسف لم يحظى بطفل كل هذه السنوات ولم يرضى ان يكسر عهد قطعه على حسناء القرية منذ ٤٠ سنة فعيون النبع وازهاره قد شهدت عليه.

 

عاد الى البيت فرحاً عطوفاً حنوناً واخرجها من جيب الفيست العتيق.

 

رفعها كمن يرفع طفل مقمط واحدرها

 

في قدر فخاري جديد كانت زوجته تحتفظ فيه لاستعماله في الطبخ ولم يبالي بما ستقوله زوجته عندما تعلم انه دخل الى مملكتها التي طردته منها مراراً وهو المطبخ.

 

كان مغموراً بالسعادة وقرر انه لن يضع القدر الجديد المتحول قصيصاً في الخارج لأنه كان عارفاً قيمة ما عانته هذه القمحة وبالغ ما تعلمته واكتسبته ومن اين عاشت ومن اين سقيت فقد اصبحت جزء منه.

 

ويحكى انه في هذا القرية سجل انه لانه مرة في ذلك العصر قمحة قد أزهرت وردة. “