Nahid Bagheri-Goldschmied (Iran/Österreich) geb. in Teheran, Lyrikerin, Prosaistin, literarische Übersetzerin, Journalistin, studierte persisch-arabische Sprachen und Literaturwissenschaft an der Universität Teheran. Seit 1980 in Österreich. 2001 Lyrik-Preis "Schreiben zwischen Kulturen", 2009 Buchprämie des BM:UK für den Roman "Chawar". Vorsitzende des Iranischen Kunst- und-Kulturvereins im Exil "Marzpeyma" (Grenzgänger), Mitglied und Einzeldelegierte der IG Autorinnen und Autoren, des Österreichischen P.E.N.-Clubs und des Österreichischen Schriftstellerverbandes. Werke: fünf Lyrikbände; Roman "Chawar" 2009 (deutsch) und 2013 (persisch), beide im Verlag der Theodor Kramer Gesellschaft; Herausgeberin und Übersetzerin von "Spuren", Anthologie österreichischer Lyrik, Deutsch/Farsi 2014; Veröffentlichungen in persischen Exil-Medien, Beiträge in zahlreichen Anthologien. Übersetzungen ihrer Werke erschienen u.a. in deutschen, englischen, ungarischen Literaturzeitschriften. Mitwirkung im Dokumentarfilm "Grenzgängerinnen", Regie Ülkü Akbaba (Österreich 2008).
Deutsch
Farsi
GIB ACHT AUF DAS HEUTE
Lass das Gestern unter der Erde ruhen
gleich den Verstorbenen
mit immer bewahrter Erinnerung
im Gedächtnis der Zeit
Lass die frische Brise
deine Haut streicheln
am Ufer des heutigen Morgens
Lass wehen das wirre Haar
nach der ruhelosen Nacht
strähnig von Traurigkeit
Lass deine Augen
zum Horizont schweifen
Lass deine Lippen
die Sonne grüßen
am Fuß der alten Kastanie
Jeder ihrer Zweige ist
ein aufgeschlagenes Buch
berichtet von Wettern,
Trockenheit, Jahren
Lass die hungrigen Spatzen
aus deinen offenen Händen
die Körner picken
Lege die kleinen Freuden
als kostbare schlichte Ketten
den Augenblicken um den Hals
Gib Acht auf das Heute
ehe es davon ist
OHNE BEGLEITUNG
Wenn du fühlst
niemand vermisst dich
und kein Wasser wird von der Glut deiner Seele erwärmt
und du kannst den Staub der Trauer
nicht von den verwirrten Bezirken
deines Herzens wischen
kränkt es dich
Wenn du fühlst
dass die Einsamkeit des Menschen
ein Reich ohne Grenzen ist
im Reich des galoppierenden Betrugs
und wenn dein Land ein Versteck ist
für Meisterdiebe des Lächelns
würgst du immer an deinem Zorn
Und in der Nacht
in der die Zeit stehen bleibt
bist du eine Vorübergehende
ohne Begleitung, ohne Empfang
mit einem Rucksack
schwer von eigener Vergangenheit
und von der Welt
SPÄT
Spät warst du dran
langsam umherirrend
Mir stand das Wasser bis zum Hals
Einsamkeit zog mich
wie ein breiter Sumpf
in die Tiefe, bald wäre ich
verloren gewesen
mit allem, was ich bin
Am Uferrand
verharrtest du
erstaunt
wortlos
ohne Seufzer
Das Geschrei der vorbeifliegenden Vögel
brachte dich nicht aus deiner
himmlischen Ruhe
die Sorge ergriff nicht dein Inneres
leichten Fußes gingst du
deinen Weg zurück
als wäre ich nie gewesen
امروز را دریاب
بگذار دیروز
در گور بیارآمد
چونان رفتگان
با یادهایی گرامی و برجا،
بر ذهن روزگار.
بگذار پوستت را،
نسیمی بنوازد
در حاشیه ی سپیده ی امروز
و بوزد
بر پریشانی گیسوانت
در انتهای شبی بی قرار،
که هنوز
گردآلود حسرت است.
بگذار نور بگیرد چشمانت
از افق پیش رو
و درود گوید لبانت
آفتاب را،
پای این بلوط کهنسال
که هر شاخه اش کتابی ست؛
آموزه ای
ز ماه ها،
فصل ها و سال ها.
بگذار دوباره
دانه برچینند ز دستانت،
گنجشک های گرسنه.
بگذار دلخوشی های کوچک،
گردنبندی باشند لحظه ها را،
ساده و پر بها.
امروز را دریاب،
پیش از آن که دور شود.
بی بدرقه، بی استقبال
این که حس کنی
کسی دلتنگت نیست
و هیچ آبی
از اخگر وجود تو
گرم نمی شود،
که بشوید غبار اندوهی،
ز دشت های پر آشوب دلی،
رنجورت می کند.
این که حس کنی
تنهایی انسان
بی مرز ترین خطه هاست،
در سرزمین تازش نیرنگ،
کمینگاه دزدان خبره ی لبخند،
بغض فرو می خوری مدام.
و درشب ایستگاه های زمان،
مسافری می شوی
بی بدرقه و بی استقبال،
با کولباری سنگین،
ز آشفتگی خود و دنیا.
دیر
دیر آمدی
آرام و گنگ،
آب از سرم گذشته بود
تنهایی
همچو مردابی فراخ
فرو می کشید مرا
به اعماق،
گم می شدم
با همه ی هست و نیست
ایستادی بر کناره
بهت زده
بی سخن، بی آه
هیاهوی پرندگان رهگذر
آسمانت را نلرزاند
دلهره چنگ نزد
جانت را
بر گشتی آرام
از همان راه که آمده بودی
گویی هرگز نبوده ام